Zu den Informationen, dass die Elektrifizierung der Bahnstrecke Ulm – Friedrichshafen - Lindau auf einer (angeblichen) Liste von Bahnprojekten stehe, die bis 2025 nicht realisiert werden könnten, erklärt Rudolf Bindig, stellv. Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion und Mitglied im Ausschuss für Umwelt und Verkehr des Kreistages:
Das Bekanntwerden einer angeblichen „internen Streichliste“ der Bahn, wonach viele Verkehrsprojekte der Deutschen Bahn – darunter auch die Elektrifizierung der Bahnstrecken Ulm – Friedrichshafen – Lindau und der Strecke München – Memmingen – Lindau - gestrichen werden sollen, trifft den Kreis Ravensburg mit „besonderer Wucht“. Der Kreis Ravensburg wäre der am härtesten betroffene Kreis des Landes. Die Verkehrspolitik der Region würde um Jahrzehnte zurückgeworfen.
Alle Bemühungen, diese beiden wichtigen Projekte planerisch und politisch voranzubringen, würden damit zunichte gemacht. Bemerkenswert auch, wie die Bahn die „Schuld für diesen Rückschlag“ hauptsächlich der Politik zuschieben will. Beide haben Schuld: die Bahn und die derzeitige Bundespolitik.
Die Bahn hat sich seit vielen Jahren eher desinteressiert bei diesen Projekten verhalten und musste schon in der Vergangenheit buchstäblich „zum Jagen“ getragen werden. Es sei an zwei Ereignisse erinnert, die ich noch als MdB erleben musste. Als ich im Juni 2001 erreichen konnte, dass für den zweigleisigen Ausbau FN-Lindau 100 Mio. DM in das sogenannte Anti-Stau-Programm aufgenommen wurden, hat die Bahn nichts unternommen, die Planungen so voranzubringen, dass die reservierten Mittel auch abfließen konnten. Einige Zeit später habe ich bei einem Gespräch der Bundestagsabgeordneten der SPD mit Bahnchef Mehdorn den Ausbau und die Elektrifizierung erneut angesprochen. Damals erteilte mir Mehrdorn eine Abfuhr mit den Worten: „Ich kann mich nicht um jedes kleine Vorhaben jedes einzelnen Abgeordneten kümmern“.
Durch zähe Bemühungen ist es dann den regionalen politischen Kräften gelungen, im Herbst des vergangenen Jahres die Vereinbarung mit der DB-Netz und dem Land zur weiteren Planung zu erreichen. Hier muss jetzt gelten: „pacta sunt servanda“ – „Verträge müssen eingehalten werden“.
Aber auch die Politik ist gefordert – statt törichter Steuersenkungen sollte in die Infrastruktur investiert werden. Mit nur einem Teil der gerade in Kraft getreten Steuergeschenke für Hoteliers und Erben ließen sich die Bundesmittel für den Aus- und Neubau der Schienenwege (jährlich ca. 1,2 Milliarden) mehr als verdoppeln. Sollten die Projekte jetzt nicht in die Finanzplanung des Bundes aufgenommen werden können, liegt das an der falschen Prioritätensetzung der schwarzgelben Bundesregierung.